In Indien hat die Covid-19-Pandemie im Jahr 2021 ihren traurigen Höhepunkt erreicht. Die Zahl der Todesopfer wird auf zwei bis fünf Millionen geschätzt und ist damit die zweithöchste der Welt. Täglich wurden bis zu 350.000 Neuinfektionen verzeichnet. Das hohe Infektionsrisiko und die Gesundheitsgefahren sind besonders akut bei nomadischen Stämmen in Indien, deren gesellschaftlicher Status sie von wichtigen Gesundheitsdiensten ausschließt.

Keine gesundheitliche Versorgung für indische Nomaden

Die schrecklichen Bilder aus und vor Indiens Krankenhäusern sind uns allen noch immer in Erinnerung: Familienangehörige stehen Schlange für die überlebenswichtigen Sauerstoffflaschen. Indiens Gesundheitssystem ist völlig überlastet, und es fehlt an Medikamenten, Betten und Beatmungsgeräten. Die Angehörigen indischer Nomadenstämme müssen sich jedoch gar nicht erst in die Schlangen vor den Krankenhäusern einreihen. Ihr sozialer Status und das Fehlen von Ausweispapieren schließen sie vom Zugang zu medizinischer Versorgung und öffentlichen Hilfsprogrammen in Indien von vornherein aus. Aber auch unter den Nomadenstämmem breitet sich das Virus schnell aus. In Verbindung mit der akuten Armut der Nomaden sind die Nomaden am stärksten von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in Indien betroffen.

Erwachsene und Kinder der Nomadenstämme leiden

Die Nomadenstämme sind wegen der Pandemie akut von Nahrungsmittelknappheit bedroht. Tagelöhnerarbeit oder Betteln sind nicht mehr möglich. Unter den Nomaden droht eine Hungerkrise. Für die Nomadenkinder verschärft sich die Situation dadurch, dass sie keinen Zugang mehr zu Schule und Bildung haben. Die Schließung von Schulen in Indien im Jahr 2020 wird sich langfristig negativ auf die Bildung der Kinder auswirken, und weitere Bildungsdefizite werden den Kindern jede Chance nehmen, der Armutsspirale in Zukunft zu entkommen.

Soforthilfe über Essensvergabe und Zugang zu Gesundheitsversorgung

In insgesamt 18 Siedlungen in Shirur Kasar Tehsil und Georai Tehsil im Bundesstaat Maharashtra liefern wir Unterstützung für die Nomadenstämme. Unser Projekt setzt bei der Bewusstseinsbildung unter den Nomaden für den Zugang zu staatlichen Hilfen, insbesondere für Gesundheitsdienstleistungen, an. Zudem bekommen die Menschen Hilfe bei der Beschaffung von Ausweispapieren, um einen verbesserten Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten. Unser lokaler Partner, das All India Institute of Local Self-Governance (AIILSG), verteilt Lebensmittel und Hygienesets für über 500 Familien, um die akute Lebensmittelknappheit und Infektionsgefahr unter den Nomaden zu mindern. Das Projekt konnte so bereits über 3000 Menschen dabei helfen, die Pandemie zu bewältigen.

Langfristige Hilfsmaßnahmen

Damit die Kinder und Jugendlichen später bessere Chancen auf einen guten Arbeitsplatz haben, ist eine qualitativ hochwertige Schulbildung unverzichtbar. Aus diesem Grund richten wir in jeder Siedlung der Projektregion eine Bibliothek für die Schulkinder ein, in der sie ihre Lese-, Schreib- und Rechenkenntnisse verbessern können. Unterstützt werden sie dabei von ausgewählten Mentor_innen. Um die Lebensbedingungen der Frauen in den Nomadenstämmen zu verbessern, wurden Nähmaschinen angeschafft, sodass die Frauen während der Pandemie mit Näharbeiten Geld verdienen können. Die Projektmaßnahmen werden auf Familien- und der jeweiligen Siedlungsebene geplant, um flexibel auf die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten der Stämme reagieren zu können. So können wir sichergehen, dass unser Projekt den Menschen genau das bietet, was sie gerade am meisten benötigen.